2021 war allgemein wegen der Pandemie aber auch speziell in unserer Region wegen der Starkregenereignisse und dem resultierenden Hochwasser der Wupper und der Zuflüsse ein echtes Katastrophenjahr. Weiterhin wird uns auch die Beseitigung von Müll und Schäden durch die Flut beschäftigen. Dabei ist 2021 nur der momentane Höhepunkt der Wetter- und Klimaextreme der vergangenen Jahre. Jedes Jahr konnte mit neuen Negativrekorden auftrumpfen. Nach 3 Jahren extremer Trockenheit befinden sich Forst und Wald im Dauerstress. Die Fichte ist aus den Forstkulturen weitgehend verschwunden und im Laubwald stößt die Rotbuche an verschiedenen Standorten an ihre Grenzen. Im Dauerregen 2021 sind überall teils unvermittelt auch in ansonsten intakten Beständen Bäume umgestürzt. Neue, sich ausbreitende Baum-Krankheiten (ja, auch Bäume kennen Pandemien!) gefährden die Esche und den Ahorn. Daher setzen wir uns nun auch vermehrt mit verschiedenen Beteiligten wie dem Forstamt und interessierten Privatpersonen mit Waldbesitz für die Einrichtung von Naturwaldzellen ein. Hier kann und soll die Natur experimentieren, welchen Waldtypus der Klimawandel hervorbringt.
Stoppt die Bodenversiegelung!
Als Offenland Stiftung, die wir auch aktiv Ausgleichsflächen (geschaffene Naturräume zur Kompensation von Baumaßnahmen) betreuen, sehen wir mit großer Sorge auf viele kleine und große Bauprojekte unserer Region. Trotz Hochwasserkatastrophe intensiviert sich die Bautätigkeit auf bislang nicht bebauten Baugrundstücken und neue Baugrundstücke werden ausgewiesen. Ein Beispiel ist die Klimaschutzsiedlung auf 1,8 ha Fläche in Dierath. Sicherlich ist es ein positives Zeichen klimaneutral zu bauen, doch wieder wird dafür neues Land – Ackerland – erschlossen und das nur für eine, blickt man auf den Flächenverbrauch, relativ geringe Anzahl von Wohneinheiten (10 Doppelhaushälften und zwei Einfamilienhäuser). Solche Projekte sind Luxus-Vorzeigeobjekte, lösen jedoch kaum angemessen den Wohnraummangel. Gleichzeitig wird es immer schwerer, noch die Bereitschaft für die Bereitstellung von Flächen für Ausgleichsmaßnahmen zu finden. Große Initiativen zur energetischen Sanierung und zur Förderung erneuerbarer Energien auf bestehender Bebauung sind leider eher selten oder kaum bekannt. Gleichzeitig gelten Ausgleichsflächen als angemessene Kompensation – aber nur ein sehr geringer Anteil der Ausgleichsmaßnahmen findet tatsächlich in unserer Region statt und könnte damit auch, die uns umgebenden Lebensräume fördern. Und so werden Habitate und Korridore zur Wanderung der Arten weiter von der Umgebung abgeschnitten, isoliert oder gar selbst urbanisiert. Kleingewässer und Feuchtwiesen fallen trocken, weil in unmittelbarer Nachbarschaft die Neubausiedlungen größere und tiefere Regewasserversickerungsmulden benötigen (Beispiel Locher Wiesen, Langenfeld). Bestände von Erdkröte und Grasfrosch – eigentlich Allerweltsarten – sind großflächig in Leverkusen, Leichlingen und Langenfeld auf dem Rückzug. Feuchtgebiete, unversiegeltes Offenland und einstige Auen entlang der Talmulden unserer bergischen Bäche, die eigentlich die idealen Wasserrückhaltegebiete für Klimafolgenanpassung darstellen, werden weiter geschädigt. Neue Schutzgebiete werden nicht ausgewiesen, obwohl die EU dies von Deutschland fordert. Dabei könnten wir als Stiftung direkt einige Gebiete beispielsweise in Leichlingen nennen, die allein schon wegen ihres Arteninventars und der Habitatstruktur unter die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie fallen. Unsere Vorschläge zur potentieller Erweiterung bestehender (oft sehr kleinräumiger) Naturschutzgebiete finden alle interessant, allein an Initiative fehlt es. Aber Eigentümer potentieller Baugrundstücke in diesen Lebensräumen möchte man natürlich nicht verprellen.
Wenn Sie Artenschutz vor der Haustür betreiben wollen, wenn Sie Flächen-, Wald, oder Gewässereigentümer sind und etwas für den Erhalt der ökologischen Funktionalität unserer Umwelt auch für die kommenden Generationen tun wollen, sprechen Sie uns gerne an! Wir beraten Sie uneigennützig und ehrenamtlich.
Immer mehr Hunde
Noch etwas hat sich besonders in den letzten Monaten der Pandemie getan: Es wurden in ganz Deutschland viele Hunde und Katzen angeschafft. Ich kann das sehr gut verstehen. Ich bin selbst mit Hunden und Katzen in der Familie groß geworden und hätte auch selbst gerne einen Hund.
Man sollte jedoch beachten:
- Hunde und Katzen haben schon allein wegen ihrer Ernährung eine negative Klimabilanz: ca. 0,63 t (=630 kg) pro Jahr und 8,2 t pro Lebensspanne von 13 Jahren – im Vergleich ein durchschnittliches Kraftfahrzeug emittiert ca., 1,4 t Kohlenstoffdioxid pro Jahr bei einer Fahrleistung von 10.000 km; 10 Millionen Hunde in Deutschland 2020 sorgten also für einen jährliche Treibhausgasemission von 6,3 Millionen Tonnen nur in Deutschland, was der durchschnittlichen Emission von 4,5 Millionen Fahrzeugen entspricht. Aktuell liegt die Anzahl von Hunden in Deutschland bei über 10,7 Millionen und die Zahl der Katzen sogar bei über 17,5 Millionen (entsprechen 3,8 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr bei Katzen mit einem durchschnittlichen Gewicht von 4,5 kg; das entspricht wiederum der jährlichen Emission von weiteren 2,7 Millionen KFZ).
- Fleischhaltiges Tierfutter wird leider nicht nur aus den Abfällen der fleischverarbeitenden Industrie für die menschliche Ernährung hergestellt. Der Bedarf ist dafür mittlerweile viel zu groß. Die Dimension der dafür nötigen Tierhaltung und der Futtermittelproduktion wie Sojabohne in Südamerika auf Kosten der natürlichen Vegetation sind in der Landwirtschaft also einkalkuliert. Flächen-, Energie- und Wasserverbrauch addieren sich zusammen mit anderen Faktoren wie dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, Antibiotika, Bioziden und Medikamenten für die Fleischtierhaltung zu einer erheblichen Umweltbelastung.
- Was unsere Haustiere aufnehmen, kommt auch wieder raus: Hunde- und Katzenkot ist nach wie vor überall in der Landschaft ein Ärgernis. Kot und vor allem auch der Urin tragen maßgeblich zur Überdüngung im urbanen und stadtnahen Umland und damit zur Verringerung der Artenvielfalt bei.
- Hunde und Katzen werden zudem mit Bioziden gegen Zecken, Flöhe und andere Parasiten und mit Medikamenten gegen allerlei Zivilisationskrankheiten behandelt. Selbst wenn Tierhalter den Kot ihrer Tiere ordnungsgemäß im Restmüll entsorgen, so landet dennoch der Urin in der Umwelt, über den hauptsächlich Biozide und Medikamente ausgeschieden werden. Diese teilweise recht stabilen Stoffe können dann leider auch in der Umwelt ihre Wirkung entfalten. Auch das Ausbürsten des Fells der Hunde, die mit Spot-on oder Flohhalsbändern behandelt werden, sollte daheim und nicht in der Natur erfolgen und die Haare im Restmüll (nicht Biomüll) entsorgt werden. Sonst gelangen Wirkstoffe wie Permethrin, Fipronil oder Imidacloprid und deren Abbauprodukte weiterhin über unsere Haustiere in die Umwelt, obwohl diese Insektizide in der Landwirtschaft schon längst verboten sind.
- Auch das Verhalten der Hundehalter ist mitunter problematisch: Selbst in Naturschutzgebieten und landwirtschaftlichen Nutzflächen zur Herstellung von Lebens- und Futtermitteln gehen nicht wenige Tierhalter querfeldein. Überall in unserer Region entstanden so Trampelpfade durch sensible Gebiete. Ruheräume für Wildtiere gibt es kaum noch. Seltene Wildpflanzen werden zertreten oder durch Überdüngung verdrängt.
Doch was kann jeder besser machen? Ein nur relativ geringer Aufwand ist nötig, um Tierhaltung nachhaltiger zu gestalten:
- Vor der Anschaffung bedarf es der Selbstreflexion: Warum möchte ich mit überhaupt einen Hund oder eine Katze anschaffen? Ist es Einsamkeit, emotionale Leere oder der Wunsch sich mit einem Mitgeschöpf verbunden und von ihm angenommen zu fühlen? Haben Sie dann schon mal darüber nachgedacht sich alternativ ehrenamtlich sozial oder im Arten- und Naturschutz zu engagieren? Bin ich mir aller negativen Folgen meiner Entscheidung bewusst und bin ich bereit diese zu kompensieren? Das geht deutlich über die Hundesteuer hinaus. Bin ich bereit und beruflich/privat in der Lage, verantwortungsbewusst und nachhaltig für einen langen Zeitraum eine erhebliche Verpflichtung einzugehen? Bin ich mit allen Aspekten einer artgerechten Haltung vertraut und kann ich in meiner Umgebung diese erfüllen?
- Nicht nur in Naturschutzgebieten sollte der Hund an der Leine geführt werden. Alle Hinterlassenschaften müssen ordnungsgemäß im Restmüll entsorgt werden (Bei unseren Pflegearbeiten in Naturschutzgebieten stoßen wir teilweise auf dutzende bis hunderte gefüllte Kotbeutel, die in die Umwelt geworfen werden). Katzen müssen am Wildern gehindert werden.
- Verringern Sie die CO2-Bilanz ihres Haustieres, indem sie Alternativen zu fleischhaltigen Futtermitteln ausprobieren. Beispielsweise gibt es Hundefutter auf Basis von Insekten, die eine deutlich bessere Klimabilanz aufweisen als Fleisch.
- Verzichten Sie auf künstliche Biozide gegen Parasiten soweit wie möglich. Durch verantwortungsvolles Führen des Hundes (nicht querfeldein) verringern Sie die Exposition zu Parasiten wie Zecken, Flöhen und Würmern.
- Tauschen Sie sich mit anderen Tierhaltern über artgerechte und umweltschonende Tierhaltung aus und sprechen Sie andere Tierhalter an, deren Verhalten verbesserungsbedürftig ist. Vielfach ist den Tierhaltern ihr ungünstiges Verhalten nicht bewusst und so regt die Ansprache zum Nachdenken an
Hunde und Katzen sind wunderbare Gefährten. Ihre ehrliche Zuneigung und tierischen Verhaltensweisen tun unseren Seelen gut. Damit Tierhaltung keine zu große Umweltbelastung und kein Ärgernis für Mitmenschen darstellt, sind jedoch Kenntnisse, Rücksichtnahme, Einsichtsfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein wichtig.
Die Stiftung 2021 – noch ein kurzer Rückblick
Auch wenn viele Veranstaltungen 2021 nicht stattfinden konnten, so ist es uns dennoch gelungen noch mehr Interessierte und Mitstreiter zu sammeln. Einige kleinere Exkursionen wie zu den Leichlinger Hirschkäfern und Fledermäusen (Dank an Mechtild Höller!) oder mit der Leichlinger SPD zu den Orchideen- und Streuobstwiesen in Rothenberg konnten immerhin stattfinden. Fast alle Gebiete konnten normal gepflegt werden und zudem konnte die Wupperschleife in mehreren tollen Gemeinschaftsaktionen vom durch die Überflutung abgelagertem Müll befreit werden. Auch haben wir in Neuenkamp an der Wupper in Opladen und in Southerberg geholfen, umgestürzte Bäume zu beseitigen und so die Wanderwege wieder passierbar zu machen. Mit Mechtild Höller zusammen haben wir bereits die neue Einrichtung von Fledermausquartieren in Neuenkamp vorbereitet. Gespräche zur stiftungsseitigen Betreuung weitere Flächen laufen ebenfalls. Eine sehr erfolgreiche Zusammenarbeit ergab sich auch mit den Naturfotografen des Vereins zur Förderung künstlerischer Bildmedien Bayer e.V., die sowohl in einer Ausstellung in den Räumlichkeiten des Vereins als auch in einer gemeinsamen Teilnahme an der Leverkusener Kunstnacht in den Räumlichkeiten der Rheindorf Stiftungsmanagement GmbH gipfelte. Nun hoffen wir, dass es 2022 gesund und munter weiter geht.
Und ein kurzer Ausblick 2022
Wir hoffen, dass wir ab Ende März wieder ein normales Exkursionsprogramm 2022 anbieten und auch abhalten können. Dabei geht es dann zu unterschiedlichen Themen, wie Frühblühern, Orchideen, seltenen Insekten, Ökosystem Wald, Ökosystem Further Moor, Schmetterlingen und Amphibien bzw. Pflanzen und Tiere in Teich und Bach in verschiedene von uns betreuten Gebieten. Höhepunkte sind meist die Mittsommernachts-Exkursionen zu Hirschkäfern, Glühwürmchen und Fledermäusen in Leichlingen und gemeinsame Ausflüge im kleinen Kreis zu ausgewählten Lebensräumen in Eifel und an die Mosel.
Waldrand als Lebensraum im Fokus 2022
Angeregt durch die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald und unsere eigenen Bemühungen zur Sensibilisierung für einen bestimmten Lebensraum in Leichlingen wollen wir 2022 auf einen ganz besonderen Lebensraum aufmerksam machen. Dieser Lebensraum ist eigentlich eine Übergangszone zwischen zwei sehr unterschiedlichen Lebensräumen und wird daher häufig nicht als eigenständig, wertvoll und schützenswert erkannt. Die Rede ist vom Waldrand. Waldränder, also Übergänge zwischen offener Landschaft wie Wiesen, Weiden und Äckern zum geschlossenen Wald sind an sich natürlich nicht selten in unserer Region. Aber zum überwiegenden Teil gibt es bei uns nur noch harte Übergänge. Einen ökologisch besonders wertvollen Waldrand mit ausgeprägtem Krautsaum, Strauchgürtel und Waldmantel finden wir leider kaum noch. Aber eine Vielzahl von heimischen Pflanzen- und Tierarten bevorzugt gerade den Waldrand und ist im Inneren von Wäldern oder auf freier Flur kaum zu finden. Gleichzeitig schütze der Waldrand den Wald gegen Sturmschäden. Sofern möglich, werden wir bei den Exkursionen immer wieder auf dieses Thema zu sprechen kommen.
Ein frohes und gesundes Jahr 2022!
Ihr Team der Offenland Stiftung