Ziele & Satzung

Offenland Stiftung

Was ist Offenland?
Offenland – das ist ein Begriff der besonders im Umwelt- und Artenschutz immer mehr Verbreitung findet. Aber was ist Offenland eigentlich? Einfach gesagt ist alles Offenland, was nicht verbaut, nicht bewaldet oder ein Gewässer ist. Zu offenen Landschaften gehören also u. a. Streuobstwiesen, Blumenwiesen, Feuchtwiesen, Heiden, Moore, Almen, Ruderalfluren (= durch den Menschen völlig zerstörte Flächen, auf denen sich Pionierpflanzen und –tiere ansiedeln), Steppen ebenso wie extensiv oder auch intensiv genutzte landwirtschaftliche Flächen. Solche durch menschlichen Eingriff entstanden Flächen weisen ein enormes und oftmals einzigartiges Arteninventar auf.

Es ist bekannt, dass einst in Mitteleuropa zum einen durch die Beweidung heimischer Großsäuger wie z. B. Wisent, Auerochse oder Hirsch weite baumfreie Flächen – ähnlich der nordamerikanischen Prärie – oder lichte Wälder zum natürlichen, ursprünglichen Landschaftsbild gehörten. Zum anderen existierten Tundren, Moore, Sand- und Kiesbänke großer Flüsse, Schutthalden im Gebirge und felsige Steilflächen, die durch die geologischen und klimatischen Voraussetzungen oder durch häufige Störungen keinen Aufwuchs von Wald zuließen.

Den heutigen Offenlandschaften ist gemein, dass diese vielfach durch den Menschen entstanden sind: Almen, Wiesen, Weiden, Heiden und Grünland sind ein Ergebnis z. T. Jahrhunderte währender Nutzung durch Mahd oder durch mehr oder weniger intensive Beweidung. Wälder wurden selbst in steilen Lagen abgeholzt, Sümpfe trocken gelegt, Auen von den Flüssen abgeschnitten, um die teilweise sehr fruchtbaren natürlichen Böden für Ackerland und Streuobstwiesen – die früher meist sowohl der Obstproduktion wie auch der Stoßbeweidung dienten – zu nutzen, in steilen, klimatisch begünstigten Lagen Wein angebaut.

Warum ist Offenland wichtig?
Der Eingriff in die natürliche Vegetation war immens, aber dennoch keine Zerstörung: Äcker, Wiesen und Weiden, Heiden und Feldwege, Steinbrüche, Streuobstwiesen und Weinberge erlaubten die Zuwanderung oder Verbreitung vieler Pflanzen und Tiere, die diesen Typus von Lebensraum benötigen oder besser in diesen Habitaten gedeihen, als in waldigen Gebieten. Viele Kulturfolger wie Wiesenblumen, einheimische Orchideen, Insekten und Vögel der offenen Fluren sind aus dem Mittelmeerraum oder Osteuropa eingewandert oder leben im bewaldeten Mitteleuropa nur in kleinen Offenland-Inseln als Relikte anderer Klima- und Vegetationsphasen, wie z. B. bestimmte Schmetterlinge (Berghexen in der Eifel, Apollofalter im Moseltal). So ist anzunehmen, dass das menschengemachte mitteleuropäische Mosaik aus verschiedensten Offenland- und Waldtypen zu einer enormen Bereicherung der heimischen Biodiversität führte.

Kulturgeschichte des Offenlands
Dieses Offenland unterlag in den zurückliegenden 100 Jahren einem starken Wandel: Die Nutzung landwirtschaftlicher Flächen wurde intensiviert; das Spektrum der angebauten Kulturpflanzen stark verändert und reduziert; Urbanisierung und Bodenversiegelung schritten und schreiten nach wie vor zügig voran; traditionelle Viehhaltung in Form von extensiver Beweidung gingen stark zurück. In der Konsequenz verbuschten und verwaldeten ursprüngliche Heiden, Weiden und Wiesen wieder. Dem Wald als romantisierter Innbegriff der wilden Natur, der uns heute noch immer zu eigen ist, ist ein Überbleibsel einer Zeit, in der in Mitteleuropa der Wald durch Übernutzung bis Ende des 19. Jahrhunderts fast völlig verschwunden war und Dichter und Denker den Wald zum Sehnsuchtsort verklärten, wurde vielfach Vorrang eingeräumt. Nicht zuletzt ist es auch diesem romantisierten Bild von der ungestörten Natur zu verdanken, dass die artenreichen, extensiv genutzten Offenlandhabitate zwischen Agrarsteppe und Wald, Biotope aus zweiter Hand wie eine Bahnbrache, ein Truppenübungsplatz oder eine Tagebaugrube, auch im Naturschutz oder bei Rekultivierungsmaßnahmen nur geringe Beachtung finden. Der wahre Wert für seltene Arten und Spezialisten wird verkannt und dieser Lebensraum erfährt eine ganz falsche „Behandlung“ – häufig keinen Eingriff oder zu zaghafte Pflege oder gar Aufforstung (Kunz, W., 2016; Artenschutz durch Habitatmanagement - Der Mythos von der unberührten Natur). Diese geringe bzw. falsche Beachtung zeichnet sich seit Jahrzehnten in einem dramatischen Rückgang vieler einst weit verbreiteter Pflanzen und Tierarten ab. So verschwinden viele wärmeliebende Insekten, die eigentlich sogar vom Klimawandel profitieren müssten. Diese können aber nicht profitieren, weil die notwendigen Mikrohabitate überwuchern.

Welche Aufgaben hat die Offenland Stiftung?
Offenlandhabitate bedürfen des permanenten Eingriffs, den wir als Pflege bezeichnen. Wiesen müssen zur rechten Jahreszeit gemäht, der Rohboden muss mitunter freigelegt und eine Ruderalfläche von den aufwachsenden Sträuchern befreit, vereinzelt Bäume gefällt werden. Diese Tätigkeiten imitieren die einstige, extensive Nutzung und stellen die Offenlandschaften wieder her, erscheinen aber den weniger naturverbundenen Laien oft als schwerwiegender „Eingriff in die Natur“. Aber Offenlandbiotope und ihr unglaublich reiches Arteninventar können nur durch menschliche Hilfe bestehen. Es sind Lebensräume, die dem ständigen Wandel unterliegen und sogar scheinbarer „Katastrophen“ bedürfen – so sind etwa ehemalige und aktuelle Braunkohle-Abbaugebiete oder Truppenübungsplätze einzigartige Refugien für wärmeliebende Primärbesiedler, darunter heimische Orchideen, seltene Insekten und Vögel. Die Offenland Stiftung spricht sich deshalb aber keinesfalls für die weitere Nutzung der Braunkohle aus!
Wo immer möglich wollen wir die Extensivierung der von uns gepflegten Flächen vorantreiben. Extensivierte Flächen der Offenland Stiftung dürfen beispielsweise nicht mehr mit Gülle gedüngt werden. Überhöhter direkter und indirekter (z. B. atmosphärischer) Eintrag von Stickstoffdünger ist unserer Meinung nach einer der wesentlichen Faktoren, der die Arten-Verarmung in Offenlandhabitaten vorantreibt. Wenige die Überdüngung liebende Pflanzen verdrängen dadurch langfristig die vielen, eher an magere Verhältnisse angepasste Arten. Außerdem begünstigt die Düngung eine dichtere Vegetation, so dass kaum noch Luft, Licht und Wärme an den Boden kommen, was jedoch besonders für viele Pflanzen, Insekten, Reptilien und Vögel notwendige Lebensvoraussetzungen sind.

Welches Ziel verfolgt die Offenland Stiftung? – Lebensräume schaffen, bewahren und erleben
Ziel der Stiftung ist es, in Leverkusen und benachbarten Räumen die Menschen für die Bedeutung des Lebensraums Offenland in seinen vielfältigen Erscheinungsformen zu sensibilisieren, Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben und potenziell wertvolle Offenlandflächen anzukaufen oder langfristig zu pachten und im Sinne der Stiftung zu entwickeln.
In Fortführung der Tätigkeiten, der seit Jahrzehnten aktiven Leverkusener Gruppe der Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt (LNU), aus der die Stiftungsgründer hervorgegangen sind, sollen die bereits in Pflege befindlichen Naturschutzgebiete oder neutralen Flächen weiterhin betreut (Lebensräume bewahren) und zudem neue Gebiete für den Erhalt und die Schaffung von Offenlandhabitaten gewonnen werden (Lebensräume schaffen). Dies soll im engen Austausch mit der Bevölkerung, der Landwirtschaft und Jagd, dem Naturschutz, der Stadt und allen Nutzern der Kulturlandschaft erfolgen (Lebensräume erleben). Dazu gehören beispeilsweise wildtiergerechte Äsungsflächen, die in Kooperation mit der Jägerschaft gepflegt werden können oder die Integration von Schäfern, die durch Beweidung mit Schafen unser Landschaftspflegekonzept unterstützen, wo immer dies fachlich sinnvoll ist.

Die Ziele der Offenland Stiftung lassen sich wie folgt zusammenfassen:

1.    Erhalt bereits gut entwickelter Offenlandhabitate (z. B. NSG Gronenborn, Feuchtwiesen Neuenkamp und Southerberg).

2.    Verbesserung bestehender Offenlandhabitate durch angepasste Pflege; Monitoring der Entwicklung durch Pflanzen- und Tiersoziologische Aufnahmen (z. B. Streuobstwiesen Rothenberg).

3.    Übernahme neuer Flächen (Kauf, Pacht, Pflegeverträge etc.), Extensivierung und Entwicklung zu Offenlandhabitaten (in Zusammenarbeit mit Stadt, Landwirten etc.).

4.    Öffentlichkeitsarbeit durch Vortragereihen und vor allem viele Exkursionen


Weiterführende Literatur
  1. Kunz, W. Prof. Dr. (2016). Artenschutz durch Habitatmanagement – Der Mythos von der unberührten Natur. Weinheim: Wiley-VCH
  2. Reichholf, J.H. Prof. Dr. (2017, 2018). Das Verschwinden der Schmetterlinge; Die Deutsche Wildtier Stiftung veröffentlicht vorab erste Ergebnisse aus dem Statusbericht von Prof. Dr. Reichholf https://www.deutschewildtierstiftung.de/content/10-presse/1-pressemitteilungen/dewist_pm_schmetterlinge_einladung_pk.pdf
  3. Pfannenstiel, H.-D. Prof. Dr. (2017). Heute noch jagen? Das Waidwerk – geliebt, geächtet, unentbehrlich. Kosmos-Verlag

Share by: